Mieten & Vermieten

Sind Flüchtlinge ein Kündigungsgrund?

Es passierte zunächst heimlich und nur im Kleinen. Doch nun passiert es immer öfters. Mietern wird die Wohnung wegen Flüchtlingen gekündigt. Viele Kommunen setzen in ihrer Hilflosigkeit auf diesen Schritt, um dringend benötigten Raum für Flüchtlinge zu schaffen. Die Maßnahmen werden aber nicht nur moralisch heiß diskutiert, sondern sind auch aus rechtlicher Sicht extrem umstritten. Aber Vorsicht: Die Stimmungsmache im Internet läuft zu diesem Thema bereits heiß. Nicht alle Berichte sind wirklich echt. Zunehmend tauchen Fake-Berichte dazu auf, um die Stimmung anzuheizen.

Fakt ist aber, dass es in vielen Bundesländern bislang vereinzelt zu Kündigungen gekommen ist, damit die bisherige Mietwohnung als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden kann. Der Fall einer 51-jährigen aus Niedheim (Nordrhein-Westfalen) wurde dazu bereits in der Vergangenheit ausführlich in der Presse diskutiert. Die Frau lebte seit fast 16 Jahren in der Wohnung. Sie und eine Nachbarin mit 2 Kindern erhielten die Kündigung. Weitere Fälle lassen sich überall in Deutschland erkennen. In Niederkassel gab es einen ähnlichen Fall. Die Stadt kündigte der Familie die Wohnung, da das Haus ursprünglich als Flüchtlingsheim gebaut wurde. In den meisten Fällen berufen sich die Städte darauf, dass sie keine andere Möglichkeit sehen würden, Flüchtlinge unterzubringen. Viele Gebäude in denen das Geschieht, waren tatsächlich ehemals als Flüchtlingsunterkünfte geplant gewesen. Aber nicht alle!

Kündigung für Flüchtlinge nimmt zu

Ein gleiches Verhalten ist erst vor kurzem in einer kleinen Gemeinde in Baden-Württemberg bekannt geworden. In dem Ort Eschbach sind zwei gemeindeeigene Wohnungen vorhanden. Einer Mieterin, die bereits seit Jahren darin wohnte, wurde nun gekündigt. Für die Suche nach einer neuen Wohnung hat die Stadt der Mieterin Hilfe und Unterstützung zugesagt. Das passierte bisher in eigentlich allen Fällen, die bekannt wurden. Manchmal kann so ein „Zwangsumzug“ aber auch positiv sein. So zum Beispiel in Singen.

Fall Singen

In Singen wurden ebenfalls zahlreiche Mieter dazu bewegt, die Kündigung zu akzeptieren. Für sie war es aber ein Grund zu Freude. Die bisherigen Mietwohnungen befanden sich in recht baufälligen Häusern. Der Abriss war eigentlich schon immer ein Thema. 2014 sind sie nun in moderne Wohneinheiten umgezogen. Grund zum Klagen gab es aber trotzdem: Viele Mieter fühlten sich benachteiligt, da die modernen Wohnungen, die nicht mehr baufällig waren, nun teurer sind als die alten.

Was, wenn sich der Mieter weigert

Dennoch bleibt die große Frage, ob Flüchtlinge tatsächlich ein Kündigungsgrund sind. Bislang gab es nur wenige Fälle, in denen sich die Mieter weigerten. Der Druck der Eigentümer war oft recht stark. Es sind nicht nur die kommunalen Wohnungen, die hier als schlechtes Beispiel für ein oft unüberlegtes Kündigungsverhalten dienen. Auch private Mieter nutzen diese Möglichkeit, um einen Reibach zu machen. Immerhin lässt sich mit einer normalen Mietwohnung heute nicht mehr viel verdienen. Wird diese aber an die Stadt für Flüchtlinge vermietet, kann sie zu Gold werden. So gibt es immer wieder Fälle, wo auch private Vermieter versuchten, Mieter regelrecht aus den Wohnungen zu drängen. Danach sollten diese Wohneinheiten den Kommunen als Flüchtlingsunterkunft angeboten werden.

Die Frage aber bleibt: Gilt öffentlicher Bedarf als Kündigungsgrund? Haben Flüchtlinge wirklich Vorrang?

Die Antwort ist unklar. Das Vorgehen der Kommunen könnte sittenwidrig und falsch sein. Die Kündigung wird oft auf den Paragraphen 573 BGB –Berechtigtes Interesse- geschoben. Dieser sogenannte Eigenbedarf kann aber eben nur von privaten Vermietern in Anspruch genommen werden, nicht aber von Städten oder Unternehmen. Politisch ist die Handlung der Städte damit nicht nur problematisch, sondern moralisch katastrophal. Ein öffentlicher Bedarf oder ein öffentliches Interesse als Kündigungsgrund kann jedoch nicht allgemein bejaht werden. Hier muss jeder Fall einzeln vor dem Gericht geprüft werden. Generell müssten Mieter, die auf diesem Weg gekündigt wurden, damit rechnen, dass die neuen Wohnungen teurer sind. Zwar wird Unterstützung bei Suche und Umzug gewährt, dennoch stellt sich die Frage, ob die vorherigen Vermieter nicht auch eine Zeitlang für die Differenz zwischen dem alten und neuen Mietpreis aufkommen müssten.

Bildquellenangabe: Brigitte Buschkoetter / pixelio.de